Ich kann mir schwer vorstellen, dass der Große Saal des Wiener Musikvereins oft so viele stehende Ovationen erlebt hat, wie vergangenen Sonntag (19.1.). Seit Monaten waren die Karten ausverkauft. Der Saal war zum Bersten gefüllt mit begeisterten Menschen. Schon als der Dirigent, welcher auch der Komponist aller an diesem Tag gespielten Stücke war, die Bühne betrat, erhoben sich alle im Saal begeistert von ihren Stühlen und spendeten minutenlangen Applaus. Dann ging es los. Die Wiener Philharmoniker spielten wie von einem anderen Stern. Wunderbare Darbietungen unsterblicher Klänge. Die Solisten Anna-Sophie Mutter entlockte ihrer Geige die erstaunlichsten Solo-Partien. Fast nach jedem Stück wiederholte sich das Schauspiel der stehenden Ovationen.
Aber nicht wegen der Solisten war das Publikum hier. Alle kamen um ihn noch einmal zu sehen. Den fast neunzigjährigen Dirigenten und Komponisten. Seine Musik riss uns mit wie schon oft. Sie riss uns heraus aus dieser Welt, zeigte uns den Weg nach Nimmerland, ließ uns mit Außerirdischen Fahrrad fahren, ließ uns durch die Zaubererschule wandeln, ließ uns über die tropische Insel der Dinosaurier fliegen und führte uns schließlich in weit entfernte Galaxie.
Hin und wieder richtete er ein paar Worte ans Publikum, zeigte seine Dankbarkeit hier in Wien mit diesem Orchester spielen zu dürfen, erzählte ein paar Anekdoten aus seinem Leben und begeisterte uns.
Dann – nach minutenlangem Applaus – kamen die Zugaben. Niemand wollte, dass es aufhört. Die Temperatur im Saal stieg stetig im Klatschen tausender Begeisterter. Und sie kamen, all jene bekannten Melodien, die im offiziellen Programm noch gefehlt hatten. Manch Zuhörende hatten längst Tränen in den Augen. Immer wieder wurde der fast neunzig Jährige zurück auf die Bühne geklatscht und hob freudig den Taktstock für eine weitere, wunderbare Melodie. Und die meisten im Publikum kannten all seine Lieder und freuten sich als am Ende als sechste und letzte Zugabe auch noch eines der gewaltigsten kam. Ein Raunen durch die Menge gegangen. Man Klatsche vor Begeisterung in die Musik hinein. Dieses Stück hatte noch gefehlt. Alle hatten insgeheim gehofft, es würde noch kommen. Und da war es. Donnernd erklangen Pauken und Trompeten. Die Streicher zersägten fast ihre Instrumente.
Und ich war plötzlich wieder vierzehn Jahre alt, saß am alten Computer meiner Eltern, manövrierte mich auf die längst verschwundene Plattform Napster und tätigte den ersten Musik-Download meines Lebens. Es war diese Komposition und keine andere. Ein imperialer Marsch der bösen Galaxienbeherrscher. Ein fast gänzlicher musikuninteressierter Junge war von diesen und anderen Klängen ebendieses Komponisten, der dort vorne stand, für Musik begeistert. Er war es, der mein Interesse für Beethoven, Dvorak, Tschaikowsky und so viele andere weckte. Er war mein Türöffner zur Welt der Musik. Und wie man an der Begeisterung des Publikums erkannte, war es für viele hier wohl ähnlich gewesen.
Der legendärste Filmmusikkomponist aller Zeiten, er, der für über fünfzig Oscars nominiert worden war, er der auch die Hymnen von vier Olympischen Spielen komponiert hatte, verabschiedete sich erschöpft und glücklich. Das Publikum, eine bunte Mischung aus traditionellen Musikvereinsfreunden, von Star-Wars Fans und Indiana-Jones Begeistern verließ bewegt und erschöpft vom vielen Klatschen, das Gebäude. In den Ohren klangen allen noch die gehörten Melodien, die auch die dazugehörigen Bilder zurück in Erinnerung riefen. Man dachte an Harry Potter, an Jurassic Park, an E.T. den Außerirdischen, an Oscar Schindler und seine Liste, an Captain Hook im Nimmerland und natürlich an Star Wars, dessen schönste Melodien heute im Musikvereinssaal erklungen waren. John Williams – wir danken dir. May the force be with you!