19 Höhlen

Nach langem Schlaf und gutem Frühstück nahm ich mir ein Taxi zur nahen Fledermaushöhle. Ich überzeugte den Mann im Kassenhäuschen, dass ich keinen Guide bräuchte und kroch mit Taschenlampe bewaffnet in die Dunkelheit. Die tausend von der Decke hängenden Hufeisenfledermäuse, von denen mein Reiseführer spricht, konnte ich nirgends entdecken. Sehrwohl aber sah ich mehrere Flügelwesen im Schein meiner Lampe durch das Gewölbe flattern. Höhlen sind immer wieder schön. Eine jede weckt Erinnerungen an alle andern Höhlen, die man schon besucht hat, vor allem dann, wenn man das Licht ausmacht und alles still und dunkel ist. Nur die fallenden Wassertropfen tönen durch die Finsternis. Ist es wirklich erst sieben Monate her, dass ich im südlichen New Mexico durch die Carlsbad Caverns kroch? Und in dreieinhalb Monaten werde ich jene schönen Höhlen im nördlichen Laos wiedersehen, noch dazu in so wunderbarer Begleitung.
Highlight der Fledermaushöhle von Pokhara waren für mich weniger die Fledermäuse, als der abenteuerlich  schmale Spalt durch den man sich zurück ins Freie zwängen darf – eine anspruchsvolle Kletterpartie. Vor dem Ausgang saßen Kinder und amüsierten sich laut lachend über jeden, der keuchend aus der Öffnung robbte.

Von der Höhle, die einige Kilometer nördlich der Stadt liegt, beschloss ich zu Fuß den Rückweg anzutreten. Auf dem Weg warteten einige Attraktionen. Zuerst besuchte ich das Gurkha-Museum. Auf drei Stockwerken wird hier über die Geschichte dieser ruhmreichen Elitesoldaten erzählt. Seit dem Beginn des neunzehnten Jahrhunderts kämpfen die Gurkhas unter britischer Flagge, sei es 1857 gegen die Rebellion in Indien, in den Weltkriegen oder im Afghanistan des 21. Jahrhunderts. Das Museum erzählt leicht kriegsverherrlichend von vielen tapferen Gurkhas, die etwa einen Hügel ganz allein genommen haben oder nur mit einem Messer dreißig Taliban erledigten. Dafür regnete es dann Medaillen und Lob von der Queen. Jedenfalls sind die Nepalis mächtig stolz auf ihre Gurkhas. Falls es doch Bodentruppen gegen isil unter britischer Beteiligung geben sollte, müssen die Gurkhas wohl bald wieder ans Werk.

Gleich neben dem Museum befindet sich ein kleiner Park, durch den das schäumend weiße Wasser des tief in einer verborgenen Schlucht versteckten Setiflusses sprudelt. Ein Mönch machte sich einen Spaß daraus alle Besucher mit dem heiligen Wasser zu bespritzen.
Weiter südlich besuchte ich einen kleinen Tempel auf einem Hügel. Da er Durga geweiht war, um deren Taten sich das Dasainfest dreht, sah man hier viel frisches Ziegenblut auf den Altären. Vor vielen Wohnhäusern sah ich übrigens auch abgetrennte Ziegenhörner auf Zäunen hängen und am Boden liegen.

Vorbei an schönen Häusern der traditionellen Newari-Architektur, schlenderte ich weiter durch Pokharas Altstadt. Ich fand noch einen weiteren Tempel. Mitten auf der Straße als Verkehrsinsel dienend lehnten Motorräder und Mülleimer an seinen zweihundert Jahre alten Wänden. Die Schnitzereien an den Dachstreben sind faszinierend. Es ist ein merkwürdiger Kontrast, dass man im sonst so prüden Nepal (und auch Indien), wo Frauen voll bekleidet baden und öffentliche Küsse verpöntes Ärgernis sind, auf so vielen alten Tempeln die freizügigsten Motive findet. So auch hier. Auf etwa sechszehn Dachstreben sind unterhalb den  Abbildungen von Göttern auf einer weiteren Ebene Männer, Frauen und Tiere in anscheinend jedweder Kombination in verschiedenen Koitusstellungen abgebildet. So sieht hier die religiöse Schnitzerei vergangener Jahrhunderte aus.

Die nächsten drei Tage gibt es höchstwahrscheinlich keinen neuen Blogeintrag von mir. Hier hat zwar jeder Imbisstand ein eigenes WLAN Netz, beim Raften auf dem heiligen Kali Gandaki rechne ich aber kaum mit Konnektivität zur Außenwelt.
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